“Die Regierung will unser Essen teurer machen” lautet die Schreckensmeldung in diesen Tagen. Grund dafür der “Gipfel” vom letzten Montag im deutschen Kanzleramt mit dem Thema: “Fragen der fairen Ausgestaltung der Wertschöpfungskette für landwirtschaftliche Erzeugnisse”. Offensichtlich fanden die Proteste der Treckerfahrer doch Gehör. Auch der Lebensmittelhandel reagierte natürlich prompt und so kreierte Rewe-Chef Lionel Souque beinahe einen Skandal. Die FAZ schrieb gestern:
Vor dem Spitzengespräch im Kanzleramt über Billigangebote bei Lebensmitteln hat Rewe-Chef Lionel Souque die Preisgestaltung des Handels verteidigt. „In Deutschland leben rund 13 Millionen Menschen in Armut oder an der Armutsgrenze. Günstige Lebensmittelpreise ermöglichen diesen Menschen eine gesunde und sichere Ernährung. Das wollen und werden wir als Lebensmittelhändler auch in Zukunft sicherstellen“, sagte der Manager.
FAZ am 03.02.2020 – Der Preis ist heiss
Diese rührenden Worte vom Rewe-Chef muss man erst mal sacken lassen. Wie er sich um seine unterbezahlten Angestellten und all die anderen weniger gut situierten Mitmenschen sorgt, bemerkenswert.
Doch Gegenwind kommt auch von liberaler Seite und bringt den Vorwurf der Planwirtschaft auf den Tisch. Die Auferstehung der DDR steht kurz bevor, so die Neoliberalen Stimmen. Doch sollte man sich der gesamten Situation bewusst sein. Während die Mittelschicht immer weiter Richtung Armut gedrängt wird, optimiert die freie Marktwirtschaft weiter ihre Gewinne. Der Markt für Billig-Lebensmittel ist nur deshalb so stark, weil die breite Masse der Geringverdiener auf billige Lebensmittel angewiesen ist. Die Qualität verliert an Bedeutung aufgrund des leeren Geldbeutels. Dass die Deutschen prozentual relativ wenig ihres Einkommens in Lebensmittel investieren, liegt nicht zuletzt an den explodierenden Kosten in anderen Bereichen.
Die Folgen der Billig-Lebensmittel
Zu den Leidtragenden gehört auch die Landwirtschaft und somit die Nutztierhaltung. Bringt der Ackerbau kein Geld mehr, weil Grosskonzerne den Preis drücken, müssen wir uns nicht wundern, wenn letztendlich nur noch Raubbau an den Böden betrieben wird. Über die Bedingungen der Massentierhaltung regen wir uns zwar auf, doch sind wir uns auch bewusst, dass dies eine direkte Folge des Preisdumping ist? Ein Stück Fleisch auf dem Teller wünschen sich viele, aber schön billig solls sein – dafür gibts die Antibiotika auch kostenlos dazu. Der Schuldige ist jedoch nicht der fleissige Arbeiter der zusehen muss, dass am Ende des Geldes der Monat hoffentlich auch bald rum ist, sondern wir müssen uns fragen was grundlegend falsch läuft.
Die Qualität der Lebensmittel sinkt ebenso wie ihr Preis. Darüber können auch die schönen Worte des Rewe-Chefs nicht hinwegtäuschen. Damit einhergehen jedoch noch weitere Probleme. Billig-Produkte verlangen Billig-Jobs, so sinken Einkommen ebenso wie sich die Arbeitsbedingungen verschlechtern. Ein Teufelskreis, an dem nur ein Beteiligter stets gut verdient – der Investor. Im Vergleich zu seiner Wichtigkeit, beteiligt sich der Lebensmittelsektor mit 523 Milliarden Euro (2018) eher schwach am deutschen BIP. Dennoch ist der Sektor für Investoren sehr attraktiv, da er essenziell wichtig ist.
So kommt es, dass milliardenschwere Investoren aus Übersee auch gerne in den deutschen Lebensmittelsektor investieren. Die Investoren erwarten natürlich Profit. Dafür haben sie gut bezahlte Helfer die sich darum kümmern mit minimalen Kosten, maximalen Gewinn zu erwirtschaften und sich dabei noch als gutmütige Helfer präsentieren. Doch letztendlich leidet die Gesundheit von Mensch, Tier und der gesamten Natur. Dies lässt den weit entfernten Investor natürlich kalt.